Vor langer Zeit, bevor Smartphones oder virtuelle Assistenten in jedem Haushalt Einzug hielten, waren Sanduhren weit verbreitet. Ob zum Messen des Kochvorgangs eines gekochten Eis oder zum Stoppen der Spielzeit bei einer Partie Scharade - Sanduhren wurden im Alltag häufig verwendet.
Die Sanduhr, die sich im Elysee-Palast befindet, dürfte es dagegen schwer haben, ihren Zweck zu erfüllen. Im Goldenen Salon, der dem Präsidenten der Republik als Büro dient, kann man eine Kuriosität bewundern, die ebenso künstlerisch wie philosophisch ist.
Sie haben sie vielleicht schon gesehen, wenn Sie an den Führungen der Tage des Kulturerbes teilgenommen haben. Die Millenniums-Sanduhr steht gegenüber dem Schreibtisch des Staatsoberhaupts. Die Millenniums-Sanduhr wurde 2021 von dem französischen Künstler Benoît Pype geschaffen und läuft seit ihrer Entstehung kontinuierlich ab. Dennoch ist ihr Sand noch nie ganz durchgeflossen, und das aus gutem Grund: Es soll tausend Jahre dauern, bis er ganz durchgeflossen ist.
Die tausendjährige Sanduhr ist in Wirklichkeit mit einer harzigen Flüssigkeit gefüllt, die sehr lange braucht, um sich zu trennen: Ein Tropfen bildet sich und fällt im Durchschnitt alle zehn Jahre, so die Vorhersage des Künstlers und nach den wissenschaftlichen Studien, die dieses Werk inspiriert haben. Ein Tropfen pro Jahrzehnt und ein Jahrtausend, um eine Sanduhr zu leeren: Wer wird also in 100, 200, 800 Jahren da sein, um zu überprüfen, ob dieses künstlerische Experiment auch wirklich funktioniert hat?
Das ist die ganze Herausforderung dieses Projekts. Damit die Sanduhr ihre Funktion erfüllen kann, muss sie bewahrt und geschützt werden , und die Menschheit muss fortbestehen, um zu sehen, wie sie sich verändert. Benoît Pype setzt also nicht nur auf die Zukunft, sondern auch auf unseren Überlebensinstinkt. Die Flüssigkeit in der Sanduhr verflüssigt sich nämlich schneller, wenn die Temperatur steigt. Das Werk spielt auch die fast unheilvolle Rolle eines Countdowns: Die globale Erwärmung könnte unsere Zeit auf der Erde buchstäblich verkürzen.
Warnung oder Hoffnungsbotschaft, jeder sieht in dieser Jahrtausendsanduhr, was er will: Der Künstler hat uns in tausend Jahren wieder verabredet, am selben Tag, zur selben Uhrzeit, im selben Präsidentenbüro.
Standort
Elysee-Palast
55, rue de Faubourg-Saint-Honoré
75008 Paris 8